Streitthema Ausbildungsnachweise

Warum ist das ein Streitthema? Wer an seine eigene Ausbildung zurückdenkt, wird sich in vielen Fällen erinnern, dass die Berichtshefte nicht wirklich gerne geschrieben wurden. Und bei einigen davon geht es noch einen Schritt weiter und die Berichtshefte wurden erst in der Woche vor den schriftlichen oder mündlichen Prüfungen gefüllt. Einige Auszubildende empfinden das Schreiben der Berichtshefte als Schikane und als gänzlich überflüssig. Da hilft die Argumentation, dass im BBiG §43 Absatz 1 Nr. 2 steht, dass nur Auszubildende mit einem vollständigen Berichtsheft an der Abschlussprüfung teilnehmen dürfen, meist auch nicht. Und das ausgerechnet deshalb, weil die meisten Auszubildenden von ihren Vorgängern wissen, dass die Prüfer eh nicht in die Hefte schauen.

Dafür sind die Berichtshefte aber auch gar nicht gedacht. Was ist dann aber einer der Gründe für die Ausbildungsnachweise? In diesen wird dokumentiert welche Inhalte dem Auszubildenden bereits beigebracht wurden. Warum ist das wichtig? Ganz einfach: Der Betrieb ist verpflichtet gewisse Inhalte den Azubis zu vermitteln. Erfüllen sie diese Pflicht nicht, sind sie haftbar für die Folgen daraus. Also Berichtsheft schreiben, ist eine Art Versicherung für beide – Azubis und Ausbilder – dass alle Inhalte beigebracht werden. Damit beide Seiten den Ausbildungsnachweise ernster nehmen hat der Gesetzgeber in der vorletzten Änderung der BBiG in die §§13 und 14 jeweils einen Absatz eingefügt. Dadurch wird für die Azubis das Führen von Nachweisen zur Pflicht. Und die Ausbilder müssen die Azubis erinnern, Ihnen Zeit dafür geben und die Berichte unterschreiben.

Doch immer noch wird gestritten. Die Betriebe wollen die Zeit nicht opfern und die Berichte in der Arbeitszeit schreiben lassen. Die Auszubildenden sehen immer noch nicht den Sinn. Gerade weil sie nicht verstehen, warum sie einen Beweis brauchen könnten. Dann erzähle ich gerne von meiner Ausbildung. Ich habe in einer Branche und zu einer Zeit gelernt, in der Auszubildende gerne nur als günstige Arbeitskräfte verstanden wurden – Vollzeit für weniger Geld als ein Mini-Jobber. Deshalb sah mein Ausbilder damals auch nicht wirklich die Notwendigkeit mir überhaupt etwas bei zu bringen. Das überließ er gerne mir selbst. Ich hatte eine tolle Lehrerin, welche die Wichtigkeit des Berichtsheftes genau erklärt hat. Deshalb schrieb ich meine Berichte und mein Ausbilder unterschrieb. Nach einem halben Jahr hatte ich das Gefühl, irgendwie läuft das nicht so wie es soll. Also ging ich mit meinem Berichtsheft zu meiner IHK. Dort las man das Ding und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Ende vom Lied mein Ausbilder hatte seine Pflicht mir die Inhalte meines Berufs beizubringen nicht erfüllt. Er hat damit gegen das BBiG verstoßen. Dass führte dazu, dass er nicht mehr ausbilden durfte und ich den Betrieb gewechselt habe. Und das alles wegen der Ausbildungsnachweise!

Wenn alle Beteiligten endlich wissen und verstehen warum Berichtshefte so wichtig sind, kommt meist die nächste Frage. Und wie sollen die Dinger aussehen? Und wie oft müssen die Berichte geschrieben werden? Diese Fragen kommen in jedem meiner Kurse und leider konnte ich bisher immer nur eine Antwort geben: Das gibt typischerweise der Prüfungsausschuss oder die zuständige Kammer vor. Doch jetzt hat das BIBB (Bundesinstitut für Berufsbildung) für die neu geordneten Pflegeberufe eine Empfehlung für den Ausbildungsnachweis herausgegeben. Dort gibt es nicht nur einen Vordruck sondern auch noch eine Anleitung. Warum gibt es das nicht für alle Berufe? Schließlich ist die Ausbildung bundeseinheitlich geregelt, warum dann nicht auch deren Dokumentation? Ich hoffe, dass diese Empfehlung für die Pflegeberufe gut funktioniert und dadurch die folgenden Berufe, welche reformiert werden, ebenfalls so eine bekommen.

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